Oft kündigen sich Überlastung und Burnout schon lange vorher durch Warnsignale an: Anhaltende Erschöpfungszustände, Schlafstörungen, Lustlosigkeit am Arbeitsplatz oder auch Hinweise von Familie und Freunden. Bevor es zum Burnout oder Zusammenbruch kommt, entscheiden sich immer mehr Menschen für einen freiwilligen Schritt zurück.
Der Begriff „Downshifting“ wurde in den 1990er Jahren von dem irischen Wirtschaftsphilosophen Charles Handy geprägt. Angesichts einer immer komplexer werdenden Arbeitswelt bedeutet Downshifting, den beruflichen Druck zu reduzieren. Einerseits geht es darum, beruflich einen Gang zurückzuschalten. Andererseits kann eine persönliche Neuorientierung zu mehr Sinn und Zufriedenheit im eigenen Leben führen.
Den Wunsch, weniger, anders, sinnvoller zu arbeiten, hatten Menschen wohl schon immer. Neu ist die - langsam - wachsende Akzeptanz des Themas. Prominentes Vorbild ist zum Beispiel der ehemalige Telekom-Vorstand René Obermann, der lieber vom DAX-Konzern zu einem kleineren Unternehmen in den Niederlanden wechselte. Seine Motivation: Er wollte wieder näher am operativen Geschäft sein. Und selbst Papst Benedikt XVI. trat aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt auf Lebenszeit zurück.
Belastbare Zahlen gibt es nicht, aber die Zahl der Downshifter steigt. Allerdings ist diese Gruppe noch in der Minderheit. Generell herrscht nach wie vor das Ideal der Leistungsgesellschaft vor. Als guter Arbeitnehmer gilt, wer viel arbeitet und nach oben strebt. Karriere machen zu wollen - das wird einfach vorausgesetzt.
Doch die ständig steigenden Anforderungen haben ihren Preis: Schätzungen zufolge sind bis zu 13 Millionen Menschen in Deutschland von Burnout betroffen. Inzwischen wollen die meisten eher weniger arbeiten. So gewinnt die Vier-Tage-Woche immer mehr Anhänger.
Es überrascht nicht, dass unter den Downshiftern vor allem Führungskräfte zu finden sind. Viele merken irgendwann: „Das wollte ich eigentlich gar nicht. Ich habe zu wenig Zeit für meine Familie und mich selbst.“ Verantwortung abzugeben oder etwas ganz anderes zu machen, kann dann die Lösung sein.
Aus der Arbeitspsychologie wissen wir, wie sehr es zur psychischen Gesundheit beiträgt, wenn die Arbeitsanforderungen gut zum Menschen passen. Ein bewusstes Downshifting kostet allerdings zunächst auch Energie. Man sollte sich mit den eigenen Werten auseinandersetzen, überlegen, ob man mit weniger Einkommen leben kann und sich mit der Familie abstimmen. Aber wenn das gelingt, kann Downshifting zu einer „Positivspirale“ führen: Es verbessert sich die Life-Balance, man hat wieder mehr Zeit für Familie, Freunde, Hobbys oder ehrenamtliches Engagement - was wiederum zu mehr psychischer und physischer Gesundheit und Wohlbefinden führt.
Und nicht zuletzt: Viele Downshifter haben endlich wieder Spaß an der Arbeit.
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