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Der Stresslevel steigt – vor allem durch die Arbeitsbedingungen

 

Zuletzt hatte die Techniker Krankenkasse (TK) im Jahr 2016 eine Studie zur Stressbelastung in Deutschland durchgeführt. Im Dezember 2021 wurden Ergebnisse einer Nachfolgebefragung vorgelegt. Die schlechte Botschaft lautet: Der Stress in Deutschland nimmt weiter zu! Knapp zwei Drittel der Befragten fühlen sich zumindest manchmal gestresst. Allerdings gibt jeder Vierte an, häufig gestresst zu sein. Die TK konstatiert dann in ihrem aktuellen Gesundheitsreport auch, dass die psychischen Erkrankungen zu den meisten Ausfalltagen geführt haben. 

Bei den Frauen ist das Stressniveau gleichbleibend hoch. Da sich das Stressempfinden der Männer jedoch dem der Frauen annähert, sind sie für den durchschnittlichen Anstieg des berichteten Stresses ursächlich. Das könnte möglicherweise daran liegen, dass Männer inzwischen mehr unter eine Doppelbelastung durch Beruf und Familie leiden. Im Vergleich zu früheren Studien aus den Jahren 2013 und 2016 lassen sich aktuell keine Unterschiede im Stressempfinden zwischen den Altersgruppen erkennen. Dafür sind Menschen mit einem Haushaltseinkommen über 3.000 € netto signifikant gestresster als andere mit niedrigerem Einkommen. Regionale Unterschiede lassen sich nicht erkennen – in Stadt und Land sind Stressbelastungen anscheinend gleich verteilt.

Zu den größten Stressursachen zählen nach der Studie die Arbeit und die hohen Ansprüche an sich selbst. Wahrscheinlich bedingt durch die Erfahrungen in der Corona-Pandemie ist die Krankheit einer nahestehenden Person auf Platz drei der Stressauslöser gelandet. Immerhin kennen fast zwei Drittel der Menschen eine nahestehende Person, die an Corona erkrankt ist.

Arbeit und Stress hängen eng miteinander zusammen – bei Berufstätigen ist der Stress stärker ausgeprägt. Die Studie belegt aber auch: „Im Durchschnitt sind nicht erwerbstätige Frauen genauso stark gestresst wie erwerbstätige Männer.“ Offensichtlich wird von den sogenannten „Hausfrauen“ ein sehr hohes Maß an Haus-, Erziehungs- und Pflegearbeit geleistet.

Sehr deutlich wird durch die Befragung, dass die Arbeitsumstände die stärksten Stressauslöser sind. Besonders eine längere Arbeitszeit als 40 Stunden verstärkt den Stress besonders deutlich. Unmissverständlich stellen die Studienautoren fest: „Die acht stärksten Belastungen im Job haben 2021 alle etwas mit der Arbeitsgestaltung und mit der Arbeitsorganisation zu tun. Ob Arbeitsmenge, Termindruck, Störungen, Informationsüberflutung, schlechte Arbeitsbedingungen, ungenaue Anweisungen, schlechte Ergonomie oder zu wenig Handlungsspielraum: An diesen Belastungen können die meisten abhängig Beschäftigten wenig ändern, sofern sie nicht selbst eine Führungsposition innehaben.“

Daraus lässt sich ableiten, dass die beliebten Präventionsmaßnahmen, die vorwiegend auf das Verhalten der Beschäftigten (Gesundheitskurse) abzielen, weitgehend wirkungslos sind. Auch die Arbeitsbedingungen müssen miteinbezogen und verbessert werden. Die Verantwortung hierfür liegt laut Arbeitsschutzgesetz bei den Arbeitgebern. Sie sollen eigentlich mithilfe der Gefährdungsbeurteilung mögliche Belastungsfaktoren im Arbeitsgeschehen suchen und entsprechende Gegenmaßnahmen entwickeln. „Aber offenbar kommt dieses Instrument noch nicht häufig genug zum Einsatz: seit 2013 haben der Stress und seine gesundheitlichen Auswirkungen zu- und nicht abgenommen.“

Schließlich lässt sich anhand der Studie ebenfalls zeigen, dass nicht nur psychische Symptome und Erkrankungen bei Stress stark zunehmen. Auch körperliche Erkrankungen nehmen zu und beeinträchtigen das Leistungsvermögen. Es liegt also durchaus auch im Interesse jedes Arbeitgebers, sich um die psychische Gesundheit der Beschäftigten zu kümmern, um deren Leistungsfähigkeit, Motivation und Loyalität zu erhalten.

 

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