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Warum eine Impfflicht den Skeptikern helfen kann – kognitive Dissonanzen vermeiden

 

Bei der aktuellen Pandemielage empfehlen alle medizinischen Experten vehement das Impfen – ob erstmalig oder als Auffrischimpfung. Trotzdem gibt es noch einen erheblichen Teil der Bevölkerung, der der hilfreichsten Waffe im Kampf gegen die Corona-Pandemie skeptisch gegenübersteht. Es ist die Rede von einer Spaltung der Gesellschaft, Proteste gegen die Gesundheitsmaßnahmen werden lauter und radikaler. Wie lässt sich die Haltung der Skeptiker verändern, die anscheinend sachlichen Argumenten und wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht glauben mögen?

Aus psychologischer Sicht bieten sich zumindest zwei Vorgehensweisen an. Wenn man weiß, wie Menschen Entscheidungen treffen (häufig leider überhaupt nicht rational begründet!) finden sich sinnvolle Wege, um die Impfraten zu erhöhen. Wir tappen alle häufig in zwei Denkfallen:

 

1. Denkfalle: Menschen lassen sich von Geschichten mehr beeinflussen als von Fakten. Daher haben alle in sozialen Plattformen kursierenden Geschichten von einem Freund eines Bekannten des Cousins, der nach einer Impfung erkrankt sei, mehr Gewicht als die Datenlage des Robert-Koch-Instituts. Diese Art der Begründung für die eigene Haltung gegenüber einer Impfung wird nicht aus bösem Willen oder Dummheit gewählt. Unser Gehirn funktioniert nun einmal so, dass Emotionen und Erlebnisse anderer Menschen für uns überzeugender wirken.

Lösung: Nicht mit Zahlen („Wir brauchen eine Impfquote von x %!“) argumentieren, sondern Geschichten erzählen. Von jungen Menschen, die sich unverwundbar glaubten und doch schwer an Corona erkrankt und sogar gestorben sind. Von Menschen, die sich mit ihren Zweifeln und Ängsten auseinandergesetzt haben und sich dann doch für die Impfung entschieden haben. Von Menschen, die sich um schwer erkrankte Angehörige sorgen oder sogar Freunde oder Familienmitglieder verloren haben.

 

2. Denkfalle: Kognitive Dissonanz ist schwer erträglich. Mit diesem Begriff ist gemeint, dass wir Menschen es höchst unangenehm finden, in inneren Widersprüchen zu stecken. Jeder Raucher weiß um die Gefährlichkeit dieser Sucht, rechtfertigt sie aber gerne mit dem Onkel, der trotz Rauchens 94 Jahre alt geworden ist. So wird der innere Widerspruch aufgelöst: Rauchen ist wohl doch nicht so schlimm, also kann man es ruhig weiter tun.

Genauso schwer ist es für Menschen zuzugeben, dass sie Unrecht hatten. Wer monatelang allen erzählt hat, dass es Corona gar nicht gibt oder Impfen tötet, wird es nur schwer mit sich vereinbaren können, irgendwann wieder die Meinung zu ändern.

Lösung: Um diesen Menschen zu ermöglichen, ihr Gesicht zu wahren, sind äußere Druckmittel hilfreich. So lässt sich die kognitive Dissonanz auflösen: „Natürlich bin ich immer noch der Meinung, dass Impfen nicht gut ist. Aber wenn überall die 2G-Regel gilt oder gar eine Impfplicht eingeführt wird, muss ich ja in den sauren Apfel beißen.“ Aus psychologischer Sicht kann eine Impfpflicht also vielen Menschen helfen, aus dem inneren Dilemma wieder herauszufinden. Ganz hartgesottene Impfgegner werden sich allerdings auch durch eine Pflicht nicht überzeugen lassen.

 

 

 

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